Beschreibung des Verfahrens
Die Blutegel-Therapie ist in erster Linie gerinnungshemmend. Über viele Stunden findet ein langsamer Blutabfluss statt, weiterhin wird der Lymphstrom verflüssigt und beschleunigt, somit entsteht eine tiefgreifende, heilende Veränderung der Zellatmung, Schlacken kommen zur Ausscheidung und frisches Blut strömt nach, die Stase kommt in den Fluss. Weiterhin sind antithrombotische, immunisierende und gefässentkrampfende Wirkweise zu nennen.
Zusammenfassung der Wirkungsweise:
Anwendungsgebiete
Entzündungsprozesse im Organismus, Schmerzzustände (akut oder chronisch), funktionelle Erkrankungen wie venöse Stauungen, Krampfadern, Tinnitus, Arthrosen etc. lassen sich gut mit Blutegeln behandeln
Die vorgenannten Anwendungsgebiete stellen kein Heilversprechen oder die Garantie einer Linderung oder Verbesserung aufgeführter Krankheitszustände oder Leiden dar.
Kombinationsmöglichkeiten
Grundsätzlich ist der Blutegel mit allen anderen naturheilkundlichen Verfahren kombinierbar.
Gegenanzeigen
Sämtliche Krankheiten, die mit Blutgerinnungsstörungen einhergehen, wie bei Bluter, oder Patienten, die stark gerinnungshemmende Medikamente einnehmen. Auch bei allgemeinen Wundheilungsstörungen wie bei Diabetes mellitus oder bei Durchblutungsstörungen ist vom Blutegel abzusehen
Geschichte
Die Inder nutzten Blutegel bereits viele Jahrhunderte vor Christus therapeutisch, gleichgestellt den sonstigen ausleitenden Verfahren wie Schröpfen oder Aderlass. In Europa wurden Blutegel lange Zeit als unnütze Tiere angesehen. Dies änderte sich etwa im Jahre 200 vor Christus. Sie wurden von damals bedeutenden Ärzten und Forschern wie Galen, Priscianus, Aurelianus, und Rhazus zur Linderung von Kopf- und Knochenschmerzen eingesetzt, ebenso als Relaxans, Fiebertherapeutikum, bei Hauterkrankungen und Entzündungen. Jahrhunderte später breitete sich der Bekanntheitsgrad der Therapie mit Blutegeln durch die Ärzte wie Avicenna (980 – 1037) von Spanien über ganz Europa aus. Allerdings war die Blutegeltherapie vielen Ärzten zu unwürdig und wurde hauptsächlich von Barbieren und Badern durchgeführt. Chirurgen stellten im 13. Jahrhundert die oberflächliche (arabische) Behandlung z.B. bei Ulcus cruris in den Vordergrund. Die salernitanische Anwendung (Lehre von Salerno) mit Bezug zur Behandlung innerer Organe zur Ausleitung etc. unterscheidet sich von der ursprünglichen arabischen Vorgehensweise. Somit unterscheiden sich europäische (salernitanische) und arabische Anwendungsgebiete. Im 16. Jahrhundert vereinigten sie sich. Die Ausleitung stand nun im Vordergrund, ebenso die Ansicht, dadurch andere Regelmechanismen zu aktivieren und über eine Fern-Regelwirkung lokale Geschehen positiv zu beeinflussen. Viele Krankheitsbilder wurden seither mit Blutegeln behandelt, auch Geschwüre, Hämorrhoiden, Amenorrhöe und Augenerkrankungen. Es wurden Praktiken wie die Botellotomie durchgeführt - das Abschneiden des Hinterteils des saugenden Egels, um mehr Blutenleerung am Menschen durch vermehrtes Saugen des Egels zu erreichen. Theophrastus Bombastus von Hohenheim (1493 - 1541), bekannt als Paracelsus, nutzte die Blutegeltherapie vor allem bei Gelbsucht. Er war prinzipiell gegen eine Ausleitung des Blutes, es sei denn, die Krankheitsursache fände sich im Blut. Andere Ärzte schlossen sich seiner Meinung an. Erneut standen sich verschiedene Denkweisen und Lehren gegenüber. Iatrophysiker und Iatrochemiker (von Griechisch Iatros = Arzt) vertraten jeweils ihren eigenen Standpunkt, ohne die Annäherung des anderen zuzulassen. Gegner der Blutegeltherapie waren die Iatrochemiker. Sie waren der Meinung, dass es keine Plethora, also Blutfülle gäbe. Die Iatrophysiker waren untereinander uneinig. Manche sahen Blutegel-Anwendungen als Verzweiflungsakt, andere hielten sie für unverzichtbar. Abraham Zacuto war der bedeutendste Blutegeltherapeut des 17. Jahrhunderts. Als Anhänger der galenischen Sichtweise (Galenist) erweiterte er das Anwendungsspektrum auf alle möglichen Entzündungen, ebenso auf psychische Störungen und die Behandlung von Pest und Krebs. In Frankreich kam es im 18. Jahrhundert zu einer regelrechten Blutegelschwemme. Es wurden bis zu 30 Tiere am Patienten angesetzt. 1850 wurden allein in Frankreich rund 100 Mio. Blutegel verbraucht. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden aus Deutschland nach Amerika um die 30 Millionen Blutegel jährlich exportiert, in Deutschland selbst fast die gleiche Menge benutzt. In Europa mussten Egel damals aus dem Orient importiert werden. Der deutsche Blutegel Hirudo medicinals medicinalis ist heute ausgestorben. Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts liess der Boom endgültig nach, nicht zuletzt weil Bader in Deutschland nur noch nach Anordnung eines Arztes die Egel anwenden durften. Hahnemann (1755 - 1843) wendete trotz Boom keine Blutegel an. Er verurteilte Blutegelanwendungen sogar. Zudem trug die damals aufkommende wissenschaftliche Medizin durch den Wiener Arzt Dr. Rokitansky (1804 - 1878) und Dr. Virchow (1821 - 1902) dazu bei, die Blutegel zu verbannen. Es fehlte an Beweisen für die Wirkungen. Erst in den 1930iger Jahre liess Bottenberg diese Therapieform wieder aufleben.
Der Begriff Egel kommt aus dem Griechischen und bedeutet kleine Schlange. Der medizinische Blutegel wurde von Linné im Jahre 1758 mit dem wissenschaftlichen Namen Hirudo officinalis bzw. medicinalis offiziell getauft.