Beschreibung des Verfahrens
Die funktionelle Einheit der Verdauungsorgane (Magen, Bauchspeicheldrüse, Dünn- und Dickdarm, Leber und Gallenblase) kann bei Störungen in einem Einzelorgan gravierende Auswirkungen auf den Gesamtorganismus hervorrufen. Feststellen kann man das Vorliegen solcher Störungen mit Hilfe der traditionellen Harndiagnostik. Hierfür wird eine bestimmte Menge des frischen, ersten Morgenurins des Patienten auf 6 Reagenzgläser verteilt, mit bestimmten Reagenzien (z. Bsp. Natronlauge, Schwefelsäure, etc.) versetzt und anschliessend kurz aufgekocht. Bereits die Zugabe der Reagenzien verursacht die erste Farbänderung des Urins, durch das kurze Kochen – die sogenannte „Kochprobe“ - erfolgen durch den Temperaturunterschied weitere Reaktionen, die vom geübten Diagnostiker leicht gedeutet werden können. So geben die festgestellten Veränderungen im Urin Hinweise auf die vorhandenen Funktionsstörungen im Verdauungssystem.
Anwendungsgebiete
Diese Urinuntersuchung ermöglicht einen groben Überblick über die Funktionsweise von Herz-Kreislaufsystem, Nieren, Leber, Galle, Bauchspeicheldrüse und Zustand der Darmschleimhaut. Ferner liefert sie Hinweise auf möglicherweise vorhandene Störungen in Blut und Lymphe.
Die aussagekräftige Ganzheitsdiagnose der traditionellen Harndiagnostik liefert eine Vielzahl relevanter Parameter und Informationen, die äusserst gut in ein naturheilkundliches Therapiekonzept umzusetzen sind.
Wichtig ist zu beachten, dass es sich bei dieser Untersuchungsmethode um eine Hinweisdiagnostik und nicht um eine Ausschlussdiagnostik handelt.
Die vorgenannten Anwendungsgebiete stellen kein Heilversprechen oder die Garantie einer Linderung oder Verbesserung aufgeführter Krankheitszustände oder Leiden dar.
Kombinationsmöglichkeiten
Die Harndiagnostik lässt sich grundsätzlich mit allen anderen naturheilkundlichen Methoden und Diagnoseverfahren kombinieren.
Geschichte
Seit Beginn der Geschichte der Medizin wurde der Harn immer wieder als Parameter für die Beurteilung des Gesundheitszustandes und zur Krankheitsdiagnose angeschaut. Bereits Hippokrates (um 400 vor Christus) gab differenzierte Beschreibungen der Veränderung des Harns bei bestimmten Krankheiten und bezeichnet ihn als „Seihe des Blutes“. Entsprechend der traditionellen Humoralmedizin lassen sich die individuellen Zustände einer falschen oder richtigen Säftemischung aus dem Harn erkennen und beurteilen.
Christoph Wilhelm Hufeland schrieb im Enchiridion medicum 1837: „Urin ist das wichtigste Zeichen der Diagnostik zur Erkenntnis der Beschaffenheit des Blutes und der chemischen Prozesse im Organismus, weil keine Sekretion in so unmittelbarer Verbindung mit der Cirkulation steht, wie diese, welches schon daraus zu erkennen ist, dass manche genossene Nahrungsmittel und die Beimischung des Chylus darin zu erkennen sind. Er verdient also die grösste Aufmerksamkeit des Arztes, die ihm bei den alten Ärzten in so hohem Grade zu Theil ward und jetzt viel zu sehr vernachlässigt wird.“
Auch ein Zitat von Hartung aus einem Physiologiebuch des 19. Jahrhunderts besagt sehr treffend: „Der Urin ist der Spiegel des inneren Chemismus, und der innere Chemismus ist der Ausdruck in der Harmonie der Funktionen der einzelnen Organe. Deshalb werden wir durch die gründliche Beobachtung all dessen, was im Urin zum Ausdruck kommt, am leichtesten imstande sein, den Organismus richtig zu beurteilen!“
Die „Traditionelle Harndiagnostik“ stellt ähnlich der Pulsdiagnostik, chinesischen Akupunktur, der Homöopathie oder der Augendiagnose, eine eigenständige, in sich geschlossenes Diagnosesystem dar und ist nicht mit der klassischen Harnschau zu verwechseln.